Ja, ich weiß, dass das Internet voller Beiträge über Urlaub auf Balkonien oder wahlweise über Urlaub zu Hause ist. Ich habe nämlich danach gesucht und dabei sogar einen Reiseführer über Balkonien gefunden. 😮 Darauf gekommen bin ich, weil ich kürzlich einen Artikel las, in dem es hieß, dass diese Art von Urlaub gerade total angesagt ist. Davon hatte ich noch nicht gehört und ich wollte wissen, ob das tatsächlich ein Trend ist.
Nach allem, was ich gelesen habe, kann ich das nicht bestätigen. Abgesehen von diesem einen Artikel begannen alle anderen in etwa mit folgenden Worten: „Sie können es sich dieses Jahr nicht leisten, in den Urlaub zu fahren? Machen Sie sich nichts daraus – zu Hause ist es auch schön…“. Dann folgte die ewig gleiche Litanei der diversen Vorzüge eines solchen Urlaubs – kein Kofferpacken, das eigene Bett und der eigene Kühlschrank, keine strapaziöse An- und Abreise usw. usf. Die will ich hier nicht wiederholen, denn sie ist schließlich überall zu finden.
Ich muss quasi über dieses Thema schreiben, damit ich mir Luft machen kann. Ob der mitleidigen Blicke meiner Kollegen kriege ich nämlich allmählich Pusteln im Gesicht. 👿 Vor jedem Urlaub kommt logischerweise immer dieselbe Frage: „Fährst Du weg?“. Wenn ich antworten konnte: „Ja, auf Kreuzfahrt.“, war die Welt in Ordnung. Aber wenn ich bei allen anderen Urlauben wahrheitsgemäß antwortete: „Nein, ich bleibe hier.“, kam dieser mitleidige Blick und dann die hoffnungsvolle Frage: „Hast Du was vor? Ein Projekt vielleicht?“. Ganz besonders schlimm ist es vor meiner jährlichen Auszeit. Zwei Monate Urlaub zu haben, schreit doch nahezu nach Verreisen oder wenigstens irgendeinem anderen Plan, oder etwa nicht?
Letztes Jahr konnte ich immerhin sagen, dass ich meine Wohnung renoviere. Damit gaben sich alle zufrieden, wenn auch nicht so ganz glücklich. Dieses Jahr ist die Befragung wieder erheblich unangenehmer für mich. Ich werde bedauernd betrachtet. Es ist eben kein Trend, im Urlaub zu Hause zu bleiben, sondern dann ist man in irgendeiner Form minderbemittelt. 😕
Ich fühle mich aber überhaupt gar nicht minderbemittelt. Es liegt weder an Geld- noch an Ideenmangel, im Urlaub und speziell in meiner Auszeit zu Hause zu bleiben. Es liegt schlicht und ergreifend daran, dass ich das liebe! Endlich habe ich ganz viel Zeit in meiner wunderschönen Wohnung und auf meinem geliebten Balkon. Endlich habe ich Zeit für die diversen eher unangenehmen Dinge, die aber auch erledigt sein wollen – Behördengänge, TÜV-Termine, Putzarien. Endlich habe ich Zeit, ganz in Ruhe in meinen Lieblingsläden zu stöbern, alte und neue Lieblingswege zu gehen oder Freunde zu treffen. Endlich kann ich nach meinem Rhythmus leben, schlafen so viel ich will und ohne Ende Bücher lesen.
Für mich gibt es überhaupt keinen Grund, jeden Urlaub für die Flucht zu nutzen. Ich bin total glücklich, wenn ich das genießen darf, was ich ohnehin stets und ständig bezahle: meine Wohnung. Aus meiner Sicht wird eher umgekehrt ein Schuh draus: Wer jeden Urlaub nutzt, aus seinem Zuhause zu fliehen, fühlt sich Zuhause nicht glücklich. Und ich wage auch noch zu bezweifeln, dass das durch ständiges Reisen besser wird. Die allermeiste Zeit des Jahres sind die meisten Menschen nun mal zu Hause. Wäre es da nicht die klügere Idee, es sich dort so einzurichten, dass man ohne das Gefühl eines Verzichts seinen Urlaub ebenso gut zu Hause verbringen kann wie anderswo?
Ich starte jetzt in meine diesjährige 2-monatige Auszeit und freue mich u.a. darauf, den Sonnenblumen und den Wicken auf meinem Balkon beim Blühen zuzusehen.




Eine Hummel findet die Sonnenblume genauso toll wie ich:

Und ich werde den Chilischoten beim Wachsen zu sehen. Ich bin gespannt, ob die noch rot werden oder es eine grüne Sorte ist.

